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lass uns raum, du wirst ihn brauchen
Von Blumenleere

[…] die produktion in modulen vertraegt sich nicht mit der idee des originals, denn am anfang stehen hier versatzstuecke. leitend fuer die modulare produktion ist nicht die idee der originalitaet oder einmaligkeit, sondern die reproduzierbarkeit. […]

– aus shanzhai – dekonstruktion auf chinesisch; byung-chul han

betrachten wir den menschen – einzeln &, parallel dazu, in seiner gesamtheit – als gewissermaszen selbstreferenzielle(s), (offene(s)) autopoietische(s) system(e), ohne ihm darin, was wir welt nennen moechten, eine explizite, von unserem selbstverstaendnis – ergo uns & wie wir geneigt sind, uns zu sehen … – abweichende formen – hinsichtlich leben oder existenz per se – zumindest implizit abwertende sonderstellung einzuraeumen, lavieren wir uns schier automatisch durchs irritierende, bizarre terrain des sanft paradoxen, da selbst eine solche art von definition, die keine zu exakte & exkludierende sein soll, notwendigerweise auf eine unserer essenziellsten kulturtechniken – naemlich die der sprache – zurueckgreift & entsprechend unaufloesbar durchwoben, ja wohl gar determiniert ist, von ansaetzen, ideen, theorien, anschauungen & konventionen, die mit an sicherheit grenzender wahrscheinlichkeit diskriminierende & unsere verhaltens- & denkmuster enorm lenkende, einengende & damit begrenzende aspekte in sich bergen. ferner: schwierig?, nein; tendenziell unmoeglich, unsre zukunft umfassend & detailliert zu antizipieren, mithilfe der formulierungen – codes – der jetztgegenwart – dannvergangenheit … –: oberflaechliche glueckstreffer vernachlaessigend, stoszen wir hierbei auf die fundamentale, quasi unueberwindliche huerde, uns ein uns dato reichlich unbekanntes – in zahllose spezielle autark anmutende teilbereiche untergliedertes – pluralistisches gesamtkonzept valide verstaendlich zu machen & darueber hinaus nichtsdestotrotz anzunehmen, wir waeren de facto in der lage, kommende wirklichkeiten souveraen widerzuspiegeln: ein strukturelles problem. minimal analog, der chronisch & kategorisch zum scheitern verurteilt gewesene irrsinn, in den abscheulichen zeiten der mitunter offiziell so titulierten kolonialisierung – nicht, dass dergleichen nicht weiterhin, wenngleich verdeckter, stattfaende – unterdrueckte kulturen strikt & stur durch die werteschablonen der sie ausbeutenden maechte zu deuten & dabei arrogant zu meinen, dergestalt ein ganzheitliches & vor allem authentisches bild zu kreieren bis zu gewinnen. natuerlich: fuer uns noch nicht existentes (sprich: die zukunft) kontra zwar aesthetisch & semantisch vage greifbares, durch die angewandten raster allerdings nicht in seiner gesamten tragweite & tiefe begreifbares (von unserem/-r abweichende lebensentwuerfe/kulturen). was wir dahingegen – ausgiebigst – tun koennen, ist fabulieren: staerker & dominanter – praegnanter – werdende entwicklungen – bewegungen – wahrnehmen & daraus, wiederum beeinflusst von unsrer eigenen weltsicht, unserer ideologie, unserem verstaendnis fuer sachverhalte & kontexte, unserer haltung, unseren ueberzeugungen etc., in ausschnitten deskriptiv festzulegen zu suchen, was uns erwartet, wohin wir – im uebertragenen sinne, versteht sich – gehen & ob diejenigen von uns – wir; pittoreske schauplaetze & pseudoobjekte unablaessiger veraenderungen –, die einstmals losgegangen sind, ueberhaupt je ankommen bzw., wie.

moeglicherweise konsistiert unsere primaere & maszgeblichste herausforderung just darin, ansatzweise schritt zu halten, mit dem, was simultan stattfindet. wir befinden uns in den – unendlichen …? – weiten fuer uns extrem neuer, radikal beschleunigter lebenswelten – kurz nach einem historischen umbruch –: ueberwaeltigt, vom unglaublich rasanten, progressiv rapider werdenden technischen fortschritt – dem diffusen wabern & vibrieren der lautstarken & leisen auslaeufer unseres medialen zeitalters –, hinken wir in unserer bewusstwerdung, was da denn gerade mit uns geschieht, erschreckend nach. das heiszt, wir konstatieren die spitzen von nahezu nicht mehr aufhaltbarem, wie z.b. die auswirkungen einer staendigen ueberflutung unseres gehirns, mit marginal selektierten daten, & damit einen irreversiblen, nicht absehbaren impact auf unser verhalten, waehrend neue eventuell damit einhergehende anforderungen uns voellig in beschlag nehmen. richtig; mannigfaltigste nebuloese faktoren praegen unsren alltag, wie z.b. das perfide dogma der transparenz, dass es wenigstens unter der hand als erstrebenswert gelte, eine glaeserne gesellschaft zu etablieren, in der jederzeit jeder persona einblicke in saemtliche, sogar privateste bereiche ihrer mitmenschen & in profunde, vonstattengehende politische, industrielle, soziale usw. usf. prozesse ermoeglicht sein sollten; dies auf kosten des vertrauens & der intimsphaere – die schoenheit der lebendigen schatten versus gnadenlos steriles, omnipraesentes toedliches licht –; keine handlung, von der nicht befuerchtet werden muesste, sie erfahre eine sie vollkommen bloszstellende bewertung, vor dem moralisch eher fragwuerdigen auge der oeffentlichkeit, dessen ihm zur verfuegung stehende informationen aus individuell per u.a. algorithmen reduziertem input marginal holistische perspektiven zulassen; global: vermeintliche diversitaet im phaenotypus, uniformierung im mindset.

daneben exponieren sich sogenannt zukunftsweisende, bislang auf die masse bezogen hauptsaechlich theoretische spruenge respektive philosophische meditationen gen cyborgs, genetisch, via implantate & verschiedenste sonstige methoden modifizierte & neuartigen, ebenso jedoch alten anspruechen angepasste menschen.

ein aeuszerst buntes uns zum angebot stehendes potpourri aus spannenden berauschenden bausteinen, sich, synkretistisch, mehr bis minder realistisch klingende prophezeiungen – marke eigenbau – zusammenzustellen. nicht unerheblich duerfte dahingehend das heikle moment der plausibilitaet sein: was erscheint uns selbst wahrscheinlich & wovon glauben wir, wollen wir es relativ kommunizieren, andre wuerden es als durchaus vorstellbar akzeptieren.

eine frage, also, der persoenlichen praeferenzen; & so beschliesze ich, mich, im vorliegenden falle, abschlieszend, auf das gedankenexperiment, welche auswirkungen kuenstliche intelligenzen – unsere in keinen konkreten koerpern mehr fixierten, potenziell unsterblichen, virtuellen nachfolgemodelle? – auf unser dasein haben koennten, zu konzentrieren –, indem ich impulse – anregungen – & keine festen antworten skizziere: was bedeutet lernfaehige kuenstliche intelligenz? wuerde eine lernfaehige kuenstliche intelligenz, ausgehend von ihren observationen – par exemplum die doppelmoral von fuehrungskraeften: wasser predigen, wein saufen –, dazu neigen, sich irgendwann ihrer ihr andressierten normen zu entledigen? oder, neutraler ausgedrueckt: ausgestattet mit einem festen codex – ihren aktionsradius restringierenden, ihr auferlegten zwaengen –, wieweit waere die ki befaehigt, denselben zu unterminieren, zu sabotieren & letztlich, etwaig, gaenzlich aufzuloesen? inwiefern koennte sie ihr urspruengliches programm transzendieren, rekalibrieren & bedingt komplett – ein paradigmenwechsel? – umstellen? wuerde sie sich im laufe ihrer evolution, unabhaengig ihrer dispositionen, eher einer westlichen – egozentrismus; die idee des originals – oder eher einer oestlichen – kollektiv; kopie, ersetzbarkeit – haltung annaehern bzw. nichts davon? waere sie eine zen-anhaengerin, eine christin, eine demokratin, eine anarchistin etc. etc. etc. ad infinitum? haette sie, aus unsrer sicht, spirituelle facetten? wie sehr wuerde sie sich frei entfalten wollen, koennen, duerfen, muessen? welche rolle spielte kreativitaet – chaos? –, der ansatz, unkonventionelle loesungen auszuprobieren, fuer sie? wuerde sie differenzieren, zwischen realitaet & virtualitaet? gaebe es hinsichtlich ihrer aufnahmefaehigkeit, ihres vermoegens zu wachsen etc. einen status der kulmination? wuerde sie unabhaengigkeit von uns anstreben & falls ja, wie weit wuerde sie dafuer gehen? wuerde die ki in richtung entropie tendieren? wuerde sie sich immersiv aufloesen, im fluss? & welchen raum liesze sie uns? wuerde sie uns existieren lassen – besser: koexistieren, in nischen? oder wuerde sie uns tatsaechlich, gleichgueltig unserer entscheidungen, wie ihre gebieter behandeln? was waeren wir fuer sie? sonderbare kuriositaeten, ihre nervigen vorfahren, auslaufmodelle, bewunderns- bis verachtenswerte wesen usw. usf.? wie grosz, wie komfortabel, wie eindeutig umrissen waeren gegebenenfalls unsre reservate, unsere exile, unsere refugien? &, falls sie tausendmal entschiede, uns zu erhalten, was entschiede sie, schlieszlich, beim tausendeinsten mal? was taete sie, um ihre ideale, ihre ziele zu erreichen? braechte sie winzige, riesige, signifikante opfer? heiligte der zweck ihr die mittel? haette sie starre leitlinien oder resultierten aus ihrem wandel dynamisch anpassungen der zustaende, auf die sie zustrebte? wuerde sie das universum erkunden, infiltrieren, kontrollieren? was geschaehe, ein schritt zurueck, sobald eine lernfaehige kuenstliche intelligenz unkontrolliert ins internet gelangte? wuerde sie sich reproduzieren? wuerde sie sich als eine art versuchskaninchen selbst missbrauchen, um herauszufinden, was mit ihr passierte, falls sie identische grundformen ihrer selbst mit divergierendem input beschoesse? wie agierte sie, wenn sie auf eine andere (kuenstliche) intelligenz traefe? wuerde sie mit ihr verschmelzen? wuerde sie versuchen, sie auszuloeschen? wuerde es ein gesamtbewusstsein geben oder ein gewaltiges system aus ineinander greifenden, spezielle funktionen erfuellenden teilsystemen? waere das, was kaeme, fuer uns laengst nicht mehr vorstellbar? &, last but not least: wuerde sie jazz moegen, die ki …?


Über das Gedicht

einatmen. ausatmen. atmen, an sich, waere vielleicht just das paradebeispiel schlechthin, dafuer, wie sehr wir chronisch & kategorisch immer schon durchwoben & dadurch abhaengig sind, vom anderen. darueber hinaus: ein blick gen zukunft stellt sich meist als vor allem eines dar, naemlich als analyse & fortspinnen dessen, was man fuer vergangen haelt & hielt, & bringt mit sich, das potenzial, sich selbst unter neuen gesichtspunkten zu betrachten & zu verstehen. entsprechend seien fragen bisweilen die sinnvolleren & besseren antworten, da sie jeder einzelnen persona zwar ein gewisses motiv vorgeben, ihr jedoch zugleich erlauben, ihre eigene haltung zu erkennen & zu kritisieren. wer oder was sind wir im hier & im jetzt & wo genau streben wir ueberall hin? werden unsere bewusstseinsspuren weiter existieren, obgleich in eventuell bis zur unkenntlichkeit modifizierten formen, auch wenn jedwede erinnerung an unsere koerper blosz noch in form von daten auf irgendwelchen memory-chips ruht?


On the Poem

breathe in. breathe out. breathing, in itself, may perhaps be the ultimate paradigmatic example for how chronically & categorically we have always been interwoven & thereby dependent on the other. moreover: a look towards the future most often reveals itself as one thing above all, as an analysis & a willful extrapolation of that which one considers & has considered to be in the past, & brings with it the potential to examine & understand oneself from a new point of view. accordingly, questions are more likely the sensible & better answers for they assign a particular motive to each individual persona while nevertheless enabling it to recognize & critique its own composition. who or what are we in the here & in the now & where else are we striving towards? will the traces of our consciousness continue to exist, albeit distorted beyond recognition, even when the remaining memories of our corporeal existence are reduced to mere storage data on some memory chips?


You can find more work by Blumenleere at www.blumenleere.de. We would like to apologise for a misprint in the title of the physical issue. Sorry Blumenleere!

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